NEXT-Reality

Immersive Trainingsumgebung für die Offshore-Sicherheitsausbildung

Ein Forschungsprojekt unterstützt vom Ministerium für Bildung und Forschung

Motivation

Die Arbeit auf Windrädern oder Plattformen vor der Küste ist anspruchsvoll und bedeutet ständig wechselnde Belastungen. Sie erfordert einen durchgängig sicheren Umgang mit Risiken und die Beherrschung von Notfallsituationen. Heutiges Training zum Umgang mit Gefahren beruht vor allem auf umfangreichen Szenarien unter realen Bedingungen, was mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist.


Ziele und Vorgehen

Ziel des Projekts Next Reality ist es, unter Einsatz innovativer Virtual-Reality-Technologien (VR) das Training kognitiver und motorischer Fähigkeiten in Stresssituationen zu ermöglichen – ohne die Teilnehmenden in Gefahr zu bringen. Durch VR-Anwendungen, kombiniert mit Umgebungseinflüssen und Sinnesreizen, werden Einsatzkräfte in einem sicheren Umfeld auf die Beherrschung von Notsituationen in unterschiedlichen Szenarien vorbereitet. Dabei sollen Vorteile und Grenzen der Kombination virtueller Technologien mit realen Trainingsumfeldern erforscht werden. Die psychophysischen, ethischen und rechtlichen Auswirkungen sowie die Akzeptanz neuartiger Trainingsmethoden sind weitere Forschungsthemen.


Innovationen und Perspektiven

Next Reality ermöglicht die Erforschung von VR-Technologien zur Verbesserung der Sicherheit und der Handlungskompetenzen im stressbelasteten Trainingsumfeld und macht die Auswirkungen überwach-, mess- und auswertbar. Damit kann diese Technologie in Zukunft in weiteren Arbeitsumfeldern Anwendung finden.


Projektbeteiligte:

Offtec Base GmbH & Co. KG

Projektleiter und Usecase Provider

OffTEC betreibt das europaweit führende Aus- und Weiterbildungszentrum für alle Elemente der Arbeitssicherheit in der Windenergiebranche und führt Sicherheitstrainings für eine wachsende Anzahl von führenden Herstellern, Dienstleistern und Betreibern von Onshore- und Offshore Windenergieanlagen sowie Kräften der öffentlichen Hand wie z. B. Polizei, Marine und Sondereinsatzkommandos für Terrorismusabwehr mehrerer EU-Länder durch.

Aufgaben im Projekt

OffTEC wird sich im Projekt mit der Forschungsfrage auseinandersetzen, welche Qualität der MR-Darstellung in Multi-User Szenarien mit unterschiedlich qualifizierten und erfahrenen Nutzern (Trainer, Auszubildender, Techniker, Rettungskräfte) notwendig ist, um in sehr anspruchsvoller, sich veränderter Umgebung zu der erwünschten Immersion und denen im Training angestrebten Situationsempfindungen zu führen. Um diese Frage zu beantworten, soll beim Üben in der MR mittels Biofeedbacks (HRV-Herzratenvariabilität, Atmung und andere Biomarker) die Belastungsgrenze der Trainingsteilnehmer gemessen und mit Übungen in der realen Umgebung verglichen werden. Hierbei sind verschiedene Stufen der Anwendbarkeit vorgesehen, von reinen VR/AR Anwendungen (Sinnesempfindungen: Temperatur, Feuchtigkeit, Einschränkung des Sehsinnes und der Atemfähigkeit im Über- und Unterwasserbereichen) bis hin zur Kombination mit der Nutzung von Realkomponenten (Mixed Reality), mögliche Anbindung an bestehende Geräte, Sensoren und Systeme. Über Trainingssituationen hinaus soll so auch der Bezug zur realen Nutzung von Ausstattungen, Geräten und Systemen im Arbeitsschutz und der realen Arbeitsumgebung dargestellt werden.


Fraunhofer IGD Rostock

Institut für grafische Datenverarbeitung

Das Fraunhofer IGD beschäftigt sich mit Forschungen und Anwendungen im Themengebiet Visual Computing. Zentrale Aufgabe ist die Entwicklung neuer Anwendungen mit Pilotcharakter sowie die Realisierung von Prototypen (in Software, Firmware und Hardware) als Produktvorstufen für die herstellende und anwendende Industrie. Schwerpunkte am Standort Rostock liegen u.a. in den Bereichen der Technologieentwicklung für komplexe Sensordatenanalyse sowie immersive Trainingsumgebungen auf der Basis von 3D/VR für das Erlernen und Verfestigen technischer Tätigkeiten in riskanten und schwierigen Arbeitssituationen sowie die Nutzung von Computergraphik und Computer Vision in maritimen Anwendungen zur Erarbeitung von Lösungen für die maritime Wirtschaft. Schiffbau, Schiffsbetrieb, Hafenlogistik und Meerestechnik/Meeresforschung profitieren von den zukunftsweisenden Entwicklungen, wie beispielsweise virtuelle Trainingswelten oder Unterwasserbildverarbeitung.

Aufgaben im Projekt

Das Fraunhofer IGD arbeitet als wissenschaftlich technischer Partner in dem Verbundvorhaben an der Erreichung der technologischen Grundziele. Hier stehen die gemeinsame Entwicklung, Integration und Anpassung der technologischen Infrastruktur für das belastungsorientierte adaptive VR-Training im Vordergrund. Dabei übernimmt das Fraunhofer IGD die methodisch, technische Unterstützung bei der Anforderungsanalyse, die konzeptionelle Mitarbeit bei der Erarbeitung einer Trainingsmethodik auf der Basis von Biofeedback-Systemen und die Implementierung, Integration und das Testen der technologischen Komponenten zur belastungsorientierten adaptiven VR-Steuerung.
Als Partner aus der angewandten Forschung versteht sich die Rolle des Fraunhofer IGD im Gesamtvorhaben als Vermittler an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und industrieller Praxis. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse werden im Themengebiet durch das Fraunhofer IGD auf ihre Anwendbarkeit für das Gesamtvorhaben untersucht und bewertet. Technologisch reife Ansätze, die den Anforderungen des Trainings beim Projektpartner OffTEC Base GmbH entsprechen, werden für die anwendungsbezogene Umsetzung ausgewählt und weiterentwickelt. Dabei sind Arbeitsschwerpunkte des Fraunhofer IGD im Gesamtvorhaben die Erfassung und Bewertung von Trainingsbelastungen, die Steuerung der adaptiven VR-Trainingssimulation sowie die Erhöhung der Immersion.


Konfigurator für Witterungsbedingungen

Meilenstein Digital GmbH

Projektpartner für virtuelle Realität und Immersion

Seit 2008 produziert die Meilenstein Digital GmbH anspruchsvolle Visualisierungen, 3D Animationen und Videoproduktionen. Darüber hinaus entwickelt meilenstein digital innovative VR-Umgebungen und AR-Anwendungen für Kunden aus der Automobilindustrie, Industrieanlagenbau, Architektur und der Gesundheitsbranche.

Aufgaben im Projekt

Die Meilenstein Digital GmbH ist im Projekt für die grafische Umsetzung der virtuellen Szenarien sowie die Anbindung einer externen Steuerungslogik an die VR-Anwendung verantwortlich. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf einer maximal möglichen, realitätsnahen Darstellung der virtuellen Handlungsabläufe, so wie die natürliche Anmutung der Handlung von Bots. Bots – d.h. Avatare von Besatzungsmitgliedern, sollen neben dem realen VR-Akteur computergesteuert bzw. programmiert in den jeweiligen Situationen determinierte Handlungen vollführen (z.B. öffnen der Helikopter Türe), um in der Anwendung die Notsituation so realistisch wie möglich darzustellen. Externe, immersionssteigernde Module sollen in die Anwendung eingebunden, schaltbar gemacht und umfassend getestet werden.

Hierzu liefert die Meilenstein Digital GmbH aufgrund Ihrer Erfahrung im Bereich der Programmierung von multiplen VR-Szenerien die Expertise, welche Ansätze umsetzbar sind und wenn ja, in welchem Umfang bzw. wie. Gleichzeitig werden die Partner während der gesamten Projektlaufzeit beratend unterstützt, speziell zur Vermeidung von Motion Sickness und Steigerung der Immersion.


Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Steuer-, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Zivilverfahrensrecht,
Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Michael Stöber
Teilprojektleiter

Prof. Dr. Stöber ist seit 2015 Lehrstuhlinhaber an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der CAU sowie geschäftsführender Direktor des dortigen Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht. Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls sind insbesondere das deutsche, europäische und internationale Wirtschaftsrecht, insbesondere Handels- und Gesellschaftsrecht, sowie das gesamte Steuerrecht, insbesondere das Unternehmenssteuerrecht. Ein weiterer Schwerpunkt der Lehr-, Forschungs- und Veröffentlichungstätigkeit von Prof. Dr. Stöber ist zudem das Bürgerliche Recht und hier vor allem das Vertrags- und das Haftungsrecht einschließlich der europarechtlichen und rechtvergleichenden Bezüge. Seit einigen Jahren befasst sich Prof. Dr. Stöber auch mit Fragen der Digitalisierung im Bürgerlichen Recht wie auch im Steuerrecht. So hat er im Rahmen des Projekts „Nachfragegesteuerte Autonom Fahrende Busse“ (NAF-Bus) zu den zivil- und datenschutzrechtlichen Fragen des autonomen Fahrens geforscht und publiziert.

Aufgaben im Projekt

Der Lehrstuhl von Prof. Dr. Stöber befasst sich im Rahmen des Projekts mit der Analyse und Umsetzung von ethischen, juristischen und sozialen Fragestellungen, insbesondere mit der Erforschung rechtlicher Fragestellungen, die mit dem Einsatz einer Mixed-Reality-(MR-)Trainingsumgebung verbunden sind. Die Klärung dieser Fragen dient zum einen der Entwicklung einer MR-Trainingsumgebung, die allen rechtlichen Sicherheitsanforderungen genügt, und zum anderen auch dem rechtssicheren Einsatz der MR-Trainingsumgebung unter Vermeidung von Haftungs- und anderen rechtlichen Risiken. Da über die integrierten Messsysteme der MR-Trainingsumgebung eine Messung und Auswertung personenbezogener Daten (insbesondere Sensorik und Aktorik) und eine automatisierte Bildverarbeitung stattfinden, wirft dies datenschutzrechtliche Fragen auf, die nach den komplexen Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung der EU zu beantworten sind. Aus den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung ergeben sich auch die Anforderungen an ein Datenschutzkonzept, das für den Einsatz der MR-Trainingsumgebung zu entwickeln ist.
Der ausreichende rechtliche Schutz der zum Teil sensiblen und höchstpersönlichen Daten, die im Rahmen der MR-Trainingsumgebung erhoben werden, ist zugleich Voraussetzung für die rechtsethische Vertretbarkeit dieser Trainingsmethode und für deren soziale Akzeptanz bei den potentiellen Nutzern. Durch die Simulation von physisch und psychisch belastenden Situationen können auch Überreaktionen der Teilnehmenden ausgelöst werden. Aus ethischen Gründen, u. U. aber auch aus rechtlichen Gründen (z. B. gegenüber Arbeitnehmern aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) ist es geboten, eine Bloßstellung der betreffenden Teilnehmenden infolge ihrer Reaktion auf Stresssituationen in der MR-Trainingsumgebung vor anderen Teilnehmenden möglichst zu vermeiden. Insoweit bedarf es der Entwicklung ethischer und rechtlicher Leitlinien für eine Ausgestaltung der MR-Trainingsumgebung, die Bloßstellungssituationen vermeiden. Gleichermaßen sind ethische und rechtliche Leitlinien für eine im Vorfeld des Trainings durchzuführende Instruktion der Teilnehmenden über den angemessenen Umgang mit Überreaktionen einzelner Teilnehmender zu erarbeiten. Wiederum ist die Vermeidung von Bloßstellungssituationen der geschilderten Art bedeutsam für die soziale Akzeptanz der Trainingsmethode.

Damit wird mit diesem Vorhaben eine Validierung der VR/AR/MR-Implementierungen hinsichtlich ethischer, rechtlicher, sozialer Fragestellungen und deren physiologischer und psychischer Auswirkungen auf die Arbeitskräfte durchgeführt. Dies umfasst auch die juristische Untersuchung der Vereinbarkeit von Feedback, Messergebnissen und Verhaltensdokumentationen der Teilnehmenden mit ethischen, rechtlichen und sozialen Kriterien.

Eckdaten zum Projekt

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt im Rahmen des Programms zu interaktiven Technologien für Gesundheit und Lebensqualität im Rahmen des Förderschwerpunktes „interaktive Systeme in virtuellen und realen Räumen – innovative Technologien für die digitale Gesellschaft“

Verbundkoordinator

OffTEC Base GmbH & Co. KG
Andreas Rauschelbach
Lecker Straße 7
25917 Enge-Sande
Tel.: 04662 89127-11
E-Mail: a.rauschelbach@offtec.de

Projektpartner

  • OffTEC Base GmbH & Co. KG, Enge-Sande
  • Meilenstein Digital GmbH, Augsburg
  • Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD), Rostock
  • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel – Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht

Video Projektvorstellung